Island 1991    
  MTB-Tour (6 Wochen)    
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Für Mountain-Biker oder  nun immer beliebter  Bikepacking, gab es eigentlich kein besseres Land als Island, das Land bestand nur aus Schotterstrecken (Stand 2011: 95% der Ringstraße sind geteert). Fährt man auf der Ringstraße und klappert die Sehenswürdigkeiten ab, bleibt es eine schöne Radtour mit Wetterwidrigkeiten. Das große Abenteuer winkt aber bei den Inlandsdurchquerungen. Wir fuhren 2x quer hindurch. Zunächst durch die Kjölur und auf dem Rückweg durch die Sprengissandur. Die Kjölur ist machbar und auch sehr beliebt bei Radlern. Es gibt immer wieder Campingmöglichkeiten und die Gesamtstrecke hält sich in Grenzen. Die Sprengisasandur ist ein Knochenjob. Wer durch ist, den kann eigentlich nichts mehr abschrecken.

 

 
  Am Check-Inn beim Abflug standen viele Passagiere mit Radkartons in der Schlange. Die Dame am Schalter begrüßte einen Mann am Nebenschalter mit den Worten: "sie sind der erste heute ohne Fahrrad!" Wir waren leicht geschockt. Nach der Landung machte sich eine ganze Meute an Radlern im Dunkeln Richtung Reykjavik auf um schnellstmöglich am erstbesten Campingplatz noch einen Platz zu ergattern. Das war schon eine bizarre Situation. Unterwegs sah man dann eigentlich fast keine Radler. Auf den beiden Inlandsstrecken begegneten wir niemandem mehr auf einem Rad.

Rechts sieht man die Ringstraße im Jahre 1991. Schön zu fahren, mittlerweile geteert.
 
       
  Hotte hatte uns damals die Sprengissandur als Ziel ausgesucht. Wir wollten es wissen. Man ist auf den 200km, je nach Kondition 4-7 Tagen alleine auf sich gestellt. Unterwegs gibt es die eine oder andere Nothütte, mehr nicht. Zumindest damals nicht. Die Route ist sehr anstrengend und geht auf die Moral. Wenn man es hinter sich hat kann man aber vor lauter Stolz tagelang nicht mehr ruhig sitzen. Faszinierend sind die endlosen Geröllfelder und viele wilde Flussdurchquerungen. Wir hatten während unserer Durchquerung noch einen Sandsturm mit schweren Zerstörungen auf Campingplätzen. Als wir durchwaren sah man uns verdutzt an, wie wir das geschafft hatten.

 
  Am letzten Tag der Durchquerung sollte eine Tankstelle kommen, sie war jedoch wegen des Sonntags geschlossen. An der nächsten Tankstelle kauften wir dann eine gesamte Mars- u. Snickersriegelkiste, da wir seit einem Tag nichts mehr zu essen hatten. Eine unserer Mitfahrerinnen hatte heimlich genascht und den Notvorrat verbraucht.
Wir hatten uns zuhause schlau gemacht, welche Suppe am meisten Kalorien hatte. So kam es, dass wir 6 Wochen lang immer wieder Spargelcremsuppe essen mussten, da diese 10.000 Kilokalorien pro Kilo hat.
 
  Damals schleppten wir alles mit, was man sich nur denken kann.
Wir hatten soviel Werkzeug dabei, dass wir Übergepäck hätten zahlen müssen. Also wurden alle Schraubenschlüssel und Zangen in der Outdoorjacke verstaut. Die Dame am Check-Inn staunte nicht schlecht auf ihrem Röntgenschirm. Heutzutage wäre das leider nicht mehr möglich. 1991 aber war die Welt noch scheinbar friedlicher, obwohl wir ja in einem kalten Krieg lebten.
 
  Damals gab es noch keine Aluräder, keine 29er, keine Fullys, kein GPS.....vieles hätten wir gerne gehaft. Selbst Ortlieb war gerade erst am Aufkommen.. Es gab noch nicht einmal eine Federgabel für vorne!

Surly hat den Trend mit seinen Bikepackingrädern heutzutage wieder umgekehrt. Stahlräder, keine Federgabel, nur zuverlässige Komponenten.
Davon konnte man damals nur träumen. Alleine die Reifen (heute heißt die Firma Maxxis) haben uns damals zum Verzweifeln gebracht. Einmal täglich war Flicken angesagt. Und zu allem Übel löste sich die  Reifenkarkasse bei mir auf, so dass ich in Husavik einen neuen Reifen kaufen musste. Mehrer Tage fuhr ich mit Einlagen aus medizinischem Tape, die wir mit Zwirn zusätzlich fest nähten.
 
       
 

 Empfehlenswert sind wasserdichte Kleidung und vor allem Neopren-socken. Damit kann man die vielen Furten durchfahren und bekommt keine kalten Füße. Unabdingbar sind dabei auch Wasserdichte Taschen, die Carrimor waren dies damals noch nicht. Heute gibt es Ortlieb und wir packen alles innenliegende mittlerweile in zusätzliche Wäschepacks von Ortlieb.

Ein Problem können bei den vilen Furten auch die Lager werden. XT oder andere gedichtete Lager sind Pflicht. Bei mir versagte irgendwann sogar ein Pedal und fraß sich fest.



 

 

 
  Außerdem wichtig: lange Heringe für das Zelt. Es weht vor allem im Bereich der Eisfelder des Vatnajökull ein eiskalter Fallwind in den Abendstunden der einen bereits nachmittags zum "Aufgeben" zwingt. Fahrradfahren ist unmöglich - zumindest wenn man in die falsche Richtung will. Dann ist Zelt-aufbauen angesagt. In einem Land ohne Bäume und Windschatten. Deshalb empfehle ich große, stabile Sandheringe mitzunehmen. Denn das Gelände besteht oft aus losem Splitt und darin hält ein "Rockpin" oder ähnliches nicht richtig, so dass man bei dem starken Wind Probleme bekommt. Wir behalfen uns damals mit großen Steinen die wir zusätzlich auf die Heringe legten. Das tut den Schnüren jedoch auf die Dauer nicht besonders gut. Island080  
  Es empfiehlt sich auch eine 25m lange Leine (Kletterseil oder dünner) mitzunehmen um bei den Flussdurchquerungen eine gewisse "Sicherung" dabei zu haben. Die Furten sind unterschiedlich tief. 70 cm dürfte bei uns damals das tiefste gewesen sein. Die Schilder vor Ort empfehlen zunächst einen Probelauf zu machen bevor man mit dem Fahrzeug in den Fluss fährt. Viel Spaß ;-))





(Ergänzung 2011: oft sind unter den Warnschildern kleine Holztäfelchen montiert auf er die "Ideallinie" für das Durchfahren aufgezeichnet ist. I.d.R ist die flachste Stelle flussabwärts leicht sichelförmig, wobei die Sichel  flussaufwärts zeigt.)
 
 
       
  Island ist leider kein kulinarisches Highlight. Zudem ist es nicht ganz billig. In den kleineren Orten kann man sich aber, mit Abstrichen, zu zivilen Preisen die Grundnahrungsmittel kaufen. In Kombination mit den überall wachsenden , riesigen Pilzen (Steinpilze und Rotkappen) kann man sich ganz leckere Gerichte zaubern. Am besten man nimmt sich ein passendes Pilzgewürz von zu hause mit. 

Das Wasser ist aus nahezu jedem Fluss trinkbar, wenn nicht gerade ein Campingplatz oberhalb angesiedelt ist. Einen Filter mitzunehmen schadet trotzdem nicht.  

Ergänzung 2011: mit fallendem Kurs der Krone kann man sich nun ganz ordentlich verpflegen ohne an der Kasse in Ohnmacht zu fallen.Frisches Obst ist aber immer noch schwer zu gekommen Nicht nur das es meist nicht dem gewohnten Standart von zuhause entspricht. Da es auch für die Isländer zu teuer ist liegt es oft lange in den Regalen.
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  An den berühmten Sehenswürdigkeiten haben wir uns nie lange aufgehalten. Ganz schlimm war Landmanalaugar, wo die Leute busweise ankommen und sich von ihren Strapazen in den heißen Quellen erholen wollen. Ganze Zeltstädte stehen dort. Wir verkrochen uns in ein Nebental, wo auch noch warmes Wasser in den Bächen floss.  
  Ach wichtig: Mückenmittel. Zumindest am Myvatn. Man verzweifelt sonst und kann eigentlich nur ins einem Zelt sitzen. Als wir Einheimische auf ihren Pferden fragten, was sie dagegen täten bekamen wir zur Antwort: "ignore it!".

Ok, taten wir nicht. Wir zogen uns Plastiktüten über den Kopf und ließen nur die Nasenlöcher offen.





Auf den folgenden Bildern sieht man die tollen Situationen, bei denen man sieht, warum man sich tagelang so gequält hat.
 
  hier geht`s zu den Bildern der Tour: Webgalerie    
   
 

In Island lernten wir zwei Bremer kennen, die ihren Wasservorrat aufgebraucht hatten. Wir hatten uns an einem kleinen Weiher , den auch die Schafe nutzten Wasser herausgefiltert und Tee gekocht. Die Jungs bekamen von uns Wasser und waren dankbar, nicht das Wasser aus dem Weiher nehmen zu müssen.....Wir wurden dicke Freunde !!

Einer der beiden hatte so viel Ausrüstung bei sich, dass sie sich noch bei der Ankunft am Flughafen entschlossen einen Teil der Ausrüstung (Ersatzzelt u.a.) in einer Wiese zu  vergraben. Nach 6 Wochen kamen sie an den Flughafen zurück und fanden ihr gegrabenes Loch nicht mehr , es war zugewachsen. Das "Zweit"-Zelt liegt noch heute dort.

I  
 

In Husavik habe ich einen Kabeljau gefangen. In der Küche des Campingplatzes zerlegte Hotte den Fisch im Waschbecken. Die Gedärme lagen dann im Becken und daneben die Spagetti zweier Mädels aus Deutschland. Sie verließen die Küche und hatten keinen Appetit mehr.

Dann sprach ein Schweizer unseren Bremer-Freund an und sie unterhielten sich über Kohlenhydrate in Form von Nudeln und die Ernährung beim Radfahren. Da sie sich fast nicht verständigen konnten, fragte der Schweizer irgendwann: “what language do you speek?” Der Bremer antwortete: “German.....na Deutsch natürlich !”

 

 

Start früh morgens am Myvatn um den Müchen zu entgehen.

 
  Am Skavtafell-Nationalpark, was schon wieder an der Ringstraße liegt kann man die Dimensionen der Gletscher hautnah sehen. Hier lohnen sich die Wanderwege auf die seitlichen Bergkämme um auf die absolut atemberaubende Gletschzunge zu schauen. Wahrscheinlich gibt`s dieses Eis aktuell schon gar nicht mehr.  
  Hier kam es zu einem bewegenden Moment. Hardy bat uns "aus dem Bild zu gehen". Er wolle nun ein Landschaftsfoto machen. Herzlichen Glückwunsch! Ein Landschaftsfoto in Island. Städte und Architektur gabs ja wohl auch nicht. Spaß beiseite. Hardy hatte für seine 7 Wochen Island nur einen Film mit 27 Bildern dabei und da musste man damals noch sehr genau überlegen, was man knipste. 27 Bilder machen Instgramjunkys heute in der Minute.  
  Hier ein Eindruck von dem was man vor hat, wenn man tagelang nur durch Nebel und Furten fahren darf, bei nasskalten Wetter und ohne Essen. Ich sag`s ja nur zur Warnung :-)

Auf den Instagrambildern sieht man das ja immer nicht.
 
  Hotte verzweifelt: So sieht dann jemand aus, der schon zum 6. Mal auf der Strecke vom vorherigen Bild seinen Reifen bei ströhmendem Regen flickt. Irgendwann lösten sich seine Fingerkuppen auf.


Irgendwie blieben nur die tollen Momente hängen und 20 Jahr später sind wir tatsächlich noch Mal nach Island gefahren. Hotte konnte 2011 nicht mit, weil er sich beim Auspacken einer Fahrradpumpe mit einem Cuttermesser die Sehnen seiner Finger durchtrennt hatte. Alles hängt mit allem zusammen.
 
 

Nicht ganz unerwähnt bleiben sollte, dass wir 10-16kg abnahmen....in 6 Wochen! Trotz Spargelcremsuppe.
 





 





 


 



 
Lustiges: